Um die Gastronomie während der Corona-Krise zu entlasten, war der Steuersatz für Speisen in Restaurants und Cafés von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden. Danach wurde die Regelung wegen der Energiekrise mehrmals verlängert, zuletzt bis Ende dieses Jahres. Nun hat sich die Ampelkoalition am vergangenen Freitag darauf geeinigt, dass die Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2024 wieder auf 19 Prozent angehoben wird.
Der Verband der Kolpinghäuser e. V. (VKH) schaut mit großer Besorgnis und Unverständnis auf diese Entscheidung. Denn die Rückkehr zur vollen Mehrwertsteuer zum Jahreswechsel wird für viele Betriebe zu einer existenziellen Belastung werden. Der VKH ist ein Zusammenschluss von rund 130 Kolpinghäusern, darunter viele gastronomische Einrichtungen und Unternehmen, die durch diese politische Entscheidung bedroht sind.
12.000 Insolvenzen drohen
„Bei einer Steuererhöhung würden weitere 12.000 Unternehmen ihr Geschäft aufgeben“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Ingrid Hartges. Derzeit gibt es in der Branche demnach nur noch 186.000 Unternehmen. 36.000 hatten bereits in der Corona-Pandemie aufgeben müssen.
Wir schließen uns der Einschätzung von Lars Schwarz, dem Dehoga-Präsident des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern an, der sagt, diese Entscheidung sei ein „fataler Irrweg“. Denn die wirtschaftliche Krise, die zur Senkung des Mehrwertsteuersatzes geführt hat, ist keinesfalls abgewendet. Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, teure Energiekosten, der umgreifende Fachkräftemangel und die hohe Inflation belasten die Gastro-Branche weiterhin massiv. Die Entscheidung der Bundesregierung trotz der aktuellen konjunkturellen Lage die Mehrwertsteuer zu erhöhen, ist ein existenzbedrohender Schlag für die gesamte Branche mit unmittelbaren Auswirkungen auf Unternehmen, Arbeitsplätze und Gäste.
Durch die zu erwartenden Preiserhöhungen von mindestens 15 Prozent auf Speisen in Restaurants und Cafés betrifft diese politische Fehlentscheidung keinesfalls nur die Branche selbst, sondern alle Bürgerinnen und Bürger.
Wahlkampfversprechen
Im Wahlkampf 2021 hatte Bundeskanzler Olaf Scholz, damals noch Finanzminister im Kabinett Merkel, sich bei seinem Auftritt in der ARD-„Wahlarena“ dafür ausgesprochen, die Mehrwertsteuer in der Gastronomie gesenkt zu lassen: „Wir haben die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie gesenkt und das noch mal verlängert, und ich will Ihnen gern versichern: Ich habe dieser Verlängerungsentscheidung zugestimmt und der Einführung in dem sicheren Bewusstsein: Das schaffen wir nie wieder ab“.